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FÜR DICH

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INHALT

Ein einfacher Gedanke oder Liebe kommt von lieben

Vorspeisen Falling in Love

Hauptspeisen Being in Love & Willing to Stay oder worauf es ankommt

Nachspeisen Sweet Surrender oder Happy Together

Kleine Geheimnisse

Drinks

Rezeptverzeichnis

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EIN EINFACHER GEDANKE ODER LIEBE KOMMT VON LIEBEN

Ich möchte gern mehr Liebe in der Welt sehen. Liebe macht stark und gnädig, sie richtet uns innerlich auf, sie zeigt uns das Leben und die Menschen in einem stillen und freundlichen Licht. Wer liebt, lebt in einer schönen Welt.

Wenn ich einem wichtigen Teil meines Lebens möglichst liebevoll begegne, müsste sich die Gesamtsumme an Liebe in der Welt erhöhen, so mein einfacher Rückschluss. Wo könnte mir das besser gelingen als dort, wo ich Tag für Tag viel Zeit verbringe und mich um Dinge kümmere, die mir wichtig sind? In meiner Küche beim Kochen für Menschen, die ich liebe.

Es ist laut dort und heiß, es zischt und spritzt, brutzelt und blubbert, Messer, Hackebeile, Nudelhölzer, Pfannen so schwer wie Kleinwagen, Knethaken, rotierende Klingen und andere laute Maschinen sind im Einsatz, es klappert und wummert ohrenbetäubend, es ist hektisch und fettig und dennoch ist es der schönste Ort der Welt: Der Herd heizt die Luft auf, verschiedene Düfte steigen hoch, ich denke über das Leben, die Liebe und oft auch über die Menschen nach, für die ich koche.

Wenn sich Familie und Freunde dann am Tisch versammeln und sich, vom guten Essen und Wein beseelt, nicht nur miteinander, sondern mit allen anderen Menschen verbunden fühlen, ist das ein großes Glücksgefühl. Es gleicht jenem Gefühl, das wir empfinden, wenn wir gute Kunst, gutes Kino oder Theater sehen, gute Musik hören oder ein kluges Buch lesen. Dann zeigt sich für einen kurzen Moment, dass wir Menschen in der Lage sind, mehr Gutes, Kluges und Schönes in die Welt zu bringen. Dann ist das Leben hell, freundlich, tiefgründig, bedeutsam, angstfrei, von Liebe beseelt, ganz so, wie es immer sein sollte. Mehr Liebe ist entstanden.

Das Glück der Liebe ist flüchtig wie gutes Parfum, also sollten wir nicht aufhören, schöne Momente zu produzieren – wieder und wieder. Denn was ist das Leben und mit ihm die Liebe anderes als eine Aneinanderreihung solch kleiner Gesten und Momente?

Wenn Sie wissen, wie Ihr Mann seinen Kaffee mag, und schon lange vor ihm wissen, wann er einen braucht, wenn er im Gegenzug weiß, dass Sie unausstehlich werden, wenn Sie hungrig sind, und dafür sorgt, dass Sie rechtzeitig was zwischen die Zähne bekommen, wenn Ihr Kind Ihnen eine fröhliche Kleinigkeit auf den Tisch stellt, Apfelschnitze zum Beispiel, wenn Sie durch die halbe Stadt radeln, um Ihrem Schatz seinen Lieblingskuchen zu holen, obwohl die Zeit eigentlich zu knapp ist, wenn Sie füreinander kochen, den Tisch schön decken, Blumen kaufen, wenn eine Freundin Ihren Lieblingswein schon gekühlt mitbringt, damit Sie ihn gleich beim Kochen trinken können, wenn man einander Fehler verzeiht, sich bei schlechter Laune mal in Ruhe lässt und mit dem Hund geht, obwohl der andere dran ist, dann ist das Liebe. Mir ist eine Liebe, die von kleinen Gesten erfüllt ist wie eine Lade mit hübschem Krimskrams oder ein Glas voll bunter Bonbons tausendmal lieber als eine überdimensionale goldene (Anspruchs-)Schalenliebe, die leer auf meinem Küchentisch rumliegt. Wo sie im Übrigen überhaupt nicht hinpassen würde.

Es sind die kleinen, alltäglichen Dinge, die darüber entscheiden, ob unser Leben schön ist oder nicht. Es ist ja nicht nur eine Tasse Kaffee, eine Suppe, ein Stück Kuchen, ein Glas Wein oder eine kleine Gefälligkeit, es ist sichtbar gemachte Liebe. Und davon können wir nicht genug haben!

Alle Rezepte in diesem Buch bis auf ganz wenige Ausnahmen sind für zwei. Für zwei, die sich lieben oder mögen oder verliebt ineinander sind. Sie könnten sie natürlich auch für jemanden kochen, den Sie nicht ausstehen können, vielleicht wird es dann besser. Ich will nicht behaupten, dass sich die großen Probleme der Welt mit gemeinsamem Essen und Kochen lösen lassen, aber bei den kleineren könnte es klappen. Sie können sich schwer gleichzeitig für die Küche Ihres Nachbarn interessieren, gemeinsam mit ihm essen und ihm im nächsten Moment den Kopf abreißen. Wo sich zwei Gegner, Streithälse oder andere Kombattanten noch gemeinsam zum Essen an einen Tisch setzen, ist nicht alles verloren. Nennen Sie mich naiv, ich nehm’s als Kompliment. Naivität ist eine Form der Unschuld. Sie bringt, wie die gute Küche, mehr Freundlichkeit ins Leben – und das ist gut so. Also nichts wie ran an die Töpfe und Pfannen. Lasst uns einander Freude bereiten – auf dem Teller, im Glas und im Leben!

The really important kind of freedom involves attention, and awareness, and discipline, and effort, and being able truly to care about other people and to sacrifice for them, over and over, in myriad petty little unsexy ways, every day. That is real freedom.

Die wirklich wichtige Freiheit erfordert Aufmerksamkeit und Offenheit und Disziplin und Mühe und die Empathie, andere Menschen wirklich ernst zu nehmen und Opfer für sie zu bringen, wieder und wieder, auf unendlich verschiedene Weisen, völlig unsexy, Tag für Tag. Das ist wahre Freiheit.

DAVID FOSTER WALLACE

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David Foster Wallace: Das hier ist Wasser / This Is Water.
Aus dem amerikanischen Englisch von Ulrich Blumenbach.
Köln: Kiepenheuer & Witsch 2015, S. 33 / S. 60

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VORSPEISEN

Falling in Love

Die Vorspeise ist für ein Menü, was die Verliebtheit für die Liebe. Ein Vorgeschmack auf das, was kommt. Wir zeigen uns einander von der allerbesten Seite. Alles ist leicht, aufregend, verspielt und herrlich frei. Davon sollten wir uns über den Rausch des aufregenden Anfangs hinaus (für den kommenden Alltag) ein wenig bewahren.

SAMTIGE STEINPILZE MIT LARDO

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Für 2 Personen

300–400 g eher größere Steinpilze
etwas Olivenöl
6–8 hauchdünne Scheiben Lardo
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Maldon-Salzflocken
Weißbrot

Die Steinpilze putzen (bitte nicht waschen – die meisten Pilze sind wasserscheu –, sondern mit einem Bürstchen abputzen) und in feine Scheiben scheiden. In einer Pfanne ohne Olivenöl anbraten, bis sie Wasser lassen und quietschen. Weiterbraten, bis alle Flüssigkeit verkocht ist. Erst jetzt ein paar Spritzer Olivenöl in die Pfanne geben und die Pilze knusprig braten. Von der Hitze nehmen und den hauchdünnen Lardo auf die warmen Pilze legen. Und schwupps fängt er an zu schmelzen. Mit Pfeffer und optional mit Salzflocken bestreuen und schnell mit den Brotscheiben aus der Pfanne holen.

SOMMERSARDINEN MIT SÜSSEN ZWIEBELN & PINIENKERNEN

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Für 2 Personen oder mehr

1 Schuss Weißwein (oder Küchenprosecco)

3–4 Zwiebeln

1–2 Knoblauchzehen

½ Bund Petersilie

1 Zitrone

2–3 filetierte Sardinen pro Person

2–3 EL Mehl

4–6 EL Olivenöl

2 EL Pinienkerne

Zitronenscheiben

Den Sommer 1986 verbrachten Freunde und ich in Südfrankreich, in einem wunderbaren alten Steinhaus. Zur gleichen Zeit verbrachte die kleine Cousine unseres Gastgebers mit ihrer Mutter dort die Sommerferien. Während ihrer täglichen Kurzbesuche, bei denen sie, summend in Gedanken vertieft, den Raum durchschritt, sich einen reifen Pfirsich aus der Obstschale fischte, lächelnd ihre Badetasche schulterte, über ihre gelockten braunen Haare strich, während sie auf ihren sonnengebräunten Füßen über die kühlen Steinplatten schwebte, verfielen wir in eine Art andächtige Starre. Die Raumtemperatur veränderte sich, der Herzschlag der Anwesenden beschleunigte sich, der Rest der Welt verschwamm in Bedeutungslosigkeit, die Geräusche verhallten. Es machte sich eine seltsame Mischung aus Nervosität, Aufregung, Melancholie und Seligkeit breit. Die Zeit stand still. Unsere Blicke waren festgezurrt an der Gestalt des Mädchens. Erst wenn es über die Treppen davonhüpfte, waren unsere Blicke wieder freigelassen, begleitet von melancholischen Seufzern. Ihre Schönheit hatte etwas Erhabenes. Vielleicht beflügelt Schönheit, die nichts von sich weiß, unsere Sehnsucht in besonderem Maße. Ich habe jedenfalls nie wieder einen schöneren Menschen gesehen.

Das folgende Gericht hat mit der Geschichte nur insofern etwas zu tun, als dass wir es in diesem Sommer oft gemeinsam zubereiteten.

Zuerst einmal nehmen alle, die mitkochen, zusammen einen Schluck vom gekühlten Küchenprosecco und stoßen auf die Rätsel der Schönheit an. Dann schneidet einer die Zwiebeln in feine Ringe. Jemand anderer schält den Knoblauch und schneidet ihn ebenfalls in feine Scheiben. Jemand muss ran an die Petersilie: zupfen und nicht allzu fein hacken. Zitrone halbieren. Eine Hälfte auspressen, die andere Hälfte noch mal halbieren und beiseite stellen.

Die wundschönen Sardinenfilets in Mehl wenden. Der erfahrenste Koch erhitzt in einer Pfanne 2–3 EL Olivenöl und brät die Sardinen darin von beiden Seiten etwa je 2 Minuten an, bis sie goldbraun glänzen. Herausnehmen.

Währenddessen gibt die Zwiebelfraktion die zweite Hälfte des Olivenöls in eine andere Pfanne und brät die Zwiebeln darin bei kleiner Hitze ganz, ganz langsam an. Gibt dann den Knoblauch dazu, brät 1–2 weitere Minuten und löscht mit einem Schluck Prosecco – spätestens jetzt kann sich die gesamte Küchenmannschaft selbst auch wieder einen kühlen Schluck gönnen – und brät beides weiter, bis der Prosecco verkocht ist. Dann noch weiterbraten, bis alles zusammen schön bräunt und betörend zwiebelsüß duftet. Der Petersilienverantwortliche hat sich in der Zwischenzeit um die Pinienkerne gekümmert und sie in einer weiteren Pfanne trocken angeröstet. Arbeitsteilig den Tisch decken, die Sardinen auf Tellern anrichten, mit Zitronensaft beträufeln und mit Zwiebeln bedecken. Petersilie und Pinienkerne darüberstreuen.

SPARGELSUPPE MIT GEBRATENEM SPARGEL & PARMESANTALERN

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Für 2 Personen

2 Bund weißer Spargel

2 kleine Zwiebeln

1 Knoblauchzehe

3 EL Olivenöl

2 Schuss Weißwein

Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle, Cayennepfeffer

500–600 ml Gemüsesuppe etwas Zitronensaft

2–4 EL Parmesan, frisch gerieben 1 Bund Kerbel, fein gehackt

Den Spargel großzügig schälen und die holzigen Enden abschneiden. Die Stangen in schräge Scheiben schneiden. Die Spitzen aufbewahren. Zwiebeln und Knoblauch schälen und fein hacken. 2 EL Öl in einem Topf erhitzen und zwei Drittel von Zwiebel und Knoblauch darin glasig dünsten. Dann die Spargelscheiben dazugeben und etwa 2 Minuten weiterrösten, bis sie gut angebraten sind. Mit einem Schuss Weißwein ablöschen und einkochen. Mit Salz, Pfeffer und Cayenne durchaus kräftig abschmecken. Dann mit Suppe aufgießen und etwa 20 Minuten bei kleiner Hitze zugedeckt sanft köcheln lassen, bis der Spargel weich ist. Die gute Suppe im Mixer pürieren, und wer es ganz samtig haben will, streicht sie auch noch durch ein feines Haarsieb. Mit ein paar Tropfen Zitronensaft abschmecken und warm halten.

Das restliche Öl in einer Pfanne erhitzen. Den Rest der Zwiebel-Knoblauch-Mischung darin anbraten. Die Spargelspitzen dazugeben, kräftig würzen, mit einem zweiten Schuss Weißwein ablöschen, den Deckel auflegen und die Spargelspitzen bissfest garen. Sie sollten ein wenig gebräunt sein und intensiv schmecken.

Den Parmesan als kleine Häufchen in eine zweite beschichtete Pfanne löffeln und flach drücken. Schmelzen lassen, bis der Käse Blasen wirft und bräunt. Sofort mit einem flachen Spatel vorsichtig aus der Pfanne nehmen. Auf Küchenpapier kurz fest werden lassen. Die Suppe mit Parmesantalern, viel Kerbel und den gebratenen Spargelspitzen servieren.

Die Blüte ist von der Kapuzinerkresse.

GOLDENE SUPPE MIT FRITTATEN

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Natürlich nicht nur für 2 Personen
(Rest in kleinen Portionen einfrieren, um jederzeit gegen
alle Widrigkeiten des Lebens gewappnet zu sein)

2 Markknochen

1 kleines Bio-Suppenhuhn mit Innereien

2 Ochsenherz-Karotten

1 Stange Lauch

1 kleiner Kohlrabi

½ Knolle Sellerie

2 Petersilienwurzeln

1 kleiner Bund Petersilie

Salz

1 TL Pfefferkörner

2–3 Lorbeerblätter

2 Zweige Thymian

2 Nelken

½ daumengroßes Stück Ingwer, geschält

FÜR DIE FRITTATEN:

1 Ei

200 ml Milch

50 ml prickelndes Mineralwasser

100 g Mehl

Salz

etwas Butter zum Braten

Diese Suppe koche ich, wenn jemand von meinen Lieben schwächelt. Egal ob bei Weltschmerz, Liebeskummer, Erkältungen, wegen Traurigkeit oder auch mal nach einer durchfeierten oder durchstrittenen Nacht. Die goldene Suppe hilft und macht’s wieder gut – versprochen. Wenn die Nacht besonders lustig und schlimm war, dann serviere ich die Suppe am Morgen danach in einer kleinen Tasse mit einem rohen Eigelb, einem kräftigen Schuss Wodka und einem kleineren Schuss Tabasco oder Chiliöl. Das vertreibt den dicksten Kater – fragen Sie meine liebe Freundin Auri.

Die Markknochen in kaltes Wasser einlegen – das zieht das Blut aus den Knochen (das hört sich brutal an, ist aber so) und etwa 1 Stunde beiseite stellen. Abseihen und abtupfen.

Das kleine Huhn, dessen Innereien (Magen und Herz)* und die Markknochen in einem großen Topf mit kaltem Wasser (ca. 1–2 l) bedecken und zum Kochen bringen. Aufsteigenden Schaum abschöpfen. Alle Gemüse putzen und schälen und in Stücke schneiden. Gemeinsam mit allen Gewürzzutaten in die Suppe geben. Salzen, einmal aufkochen lassen, dann die Hitze reduzieren, einen Deckel auflegen und ca. 2–3 Stunden leise köcheln lassen. Vom Herd nehmen und abkühlen lassen, am besten über Nacht, dann härtet das Fett an der Oberfläche aus und man kann etwa die Hälfte davon entfernen (aber keinesfalls alles, das Fett ist wichtig wegen der Kräftigkeit des Geschmacks).