DAS BACKBUCH
FÜR DEN SCHÖNSTEN TAG DER WOCHE
Ein Sonntagsbackbuch? Süß? Buttercrememonster, Kaffeekränzchen, Familienidylle!? Nicht ganz mein Ding. Und Sonntag, schönster Tag der Woche? Wer erinnert sich nicht an schrecklich langweilige oder auch einsame Sonntage; oder solche mit Programmterror, obwohl man es eigentlich bloß gemütlich haben wollte – quälend lange Familienbesuche, die unweigerlich im Familienkrach endeten, sodass man froh war, wenn es endlich Sonntagabend wurde.
Sonntag kann auch anders sein. Ein „Du-musst-nicht“-Tag ohne Korsett, mit vielen Möglichkeiten, ihn zu genießen. Wenn es beliebt, darf ruhig auch der Tradition gefrönt werden. Gegen ein feines Sonntagsfrühstück, ein Sonntagsessen mit Familie und Freunden oder ohne, einen behaglichen Sonntagnachmittag bei Kaffee oder Tee oder den Ausflug mit einem kleinen Picknick ist nichts einzuwenden. Auch nicht gegen die passende süße Begleitung, vorausgesetzt, man verbringt mit ihrer Herstellung nicht den halben Sonntag in der Küche, wie es früher oft der Fall war. Sonntagsverweigerer können sich die kleinen und größeren Köstlichkeiten natürlich auch an einem anderen Tag schmecken lassen.
Ich habe in diesem Buch sonntägliche Tradition mit moderner Lebensart verknüpft. Individualisten wie Familienmenschen, Sonntagsmuffel wie Unternehmungslustige finden ein breites Repertoire an meist unaufwendigen Rezepten. Vieles kann schon vorab vorbereitet und am Sonntag dann mit wenigen Handgriffen fertig gestellt werden.
Inspiriert hat mich, wie immer, der Blick über den Tellerrand, wortwörtlich genommen. Das betrifft Rezepte wie auch Essensgewohnheiten in anderen Ländern, von denen ich viele Anleihen genommen habe. Was gibt es anderswo und bei uns nicht? Wie schmeckt das? Wie wird es zubereitet? Was kann unsere Küche bereichern? Aber auch: Was können wir selbst vorzeigen?
Schon die Frühstücksgewohnheiten sind sehr verschieden. In den südlichen Ländern Europas wird wenig Wert auf ein ausgedehntes Frühstück gelegt. Zum petit déjeuner in Frankreich, zur prima colazione in Italien oder zum pequeno-almoço in Portugal schmeckt ein kleiner süßer Bissen: ein wenig Hefegebäck, ein Keks, ein kleines Cremetörtchen. Eine Brioche selbermachen? Ein Blätterteiggebäck? Nur Mut, es ist einfacher, als Sie denken.
In Großbritannien ist das traditionelle Frühstück ausgiebig und pikant, es enthält mehr Ei und Speck als Süßes. Neuerdings bieten aber immer mehr trendige bakeries zum morgendlichen Kaffee auch süßes Gebäck in allen möglichen Varianten frisch vom Blech an. Ein Hochgenuss. Nachbacken!
Hierzulande wird, vorzugsweise am Sonntag, gerne ein ausgiebiges Frühstück zelebriert, wochentags fehlt dafür die Muße. Oder der Tag beginnt mit einem Brunch mit allem Drum und Dran, süß oder pikant, der vielerorts das Mittagessen ablöst. Vielleicht eine Crostata für den süßen Teil oder eine süße Mangoldtorte? Aufsehenerregend. So ein Brunch kann sich ausdehnen, meist bleibt dennoch Raum genug für einen freien, entspannten Nachmittag oder Unternehmungen.
Nichts mehr unternehmen lässt sich in der Regel hingegen nach dem Sonntag-Mittagessen einer italienischen oder französischen Familie: ein mehrgängiges, stundenlanges, beinahe heiliges Ritual, das irgendwann am Nachmittag mit dem Dessert endet. In Frankreich üblicherweise mit einer Tarte, flach genug, um noch Platz im Magen zu finden. Klassisch französisch: Geht schnell, schaut gut aus, schmeckt gut.
Briten lieben am Sonntag ihren sunday roast, viel Fleisch, viel Sauce, die über den Yorkshire Pudding – kein Dessert, sondern eine Beilage – gegossen wird. Seine große Zeit hat Süßes dort hingegen beim Nachmittagstee oder beim high tea, der etwas später zu sich genommen wird und das Abendessen ersetzt. Kleine Kuchen, Schnitten, Scones, Shortbread im gemischten Doppel mit Sandwiches, dazu clotted cream, Marmeladen und Curds. Ich kann dem nicht widerstehen. Süße Aufstriche, klassisch oder ungewöhnlich, finden Sie als „Draufgabe“ für puristisches Gebäck hinten im Buch.
Wirkliche Süßschnäbel sind die Amerikaner, und zwar den ganzen Tag über, ohne Fixpunkte wie Nachmittagskaffee und Kuchen. Die beliebten coffee cakes passen zwar am besten zu Kaffee, aber unabhängig von der Tageszeit. Üppigst verzierte Torten werden für besondere Anlässe fabriziert, gerne auch fruchtige Pies zum Dessert, die wie manch anderes in der Tiefkühltruhe auf Vorrat liegen. Vieles habe ich hier abgeschaut und gebe es im Buch an Sie weiter.
Ein Lieblingskuchen der Amerikaner ist der pound cake, ursprünglich ein Gleichschwerkuchen, der sich fast unendlich variieren lässt und immer passt. Er ist das Pendant zum französischen week-end-cake bzw. gâteaux de voyage. Er besticht dadurch, dass er, richtig aufbewahrt, nicht nur ein Wochenende gut überdauert, sondern so stabil ist, dass er sowohl den Transport im Picknickkorb als auch kleinere oder größere Reisen unbeschadet übersteht. So wie auch viele unserer Blechkuchen, die ebenso rasch zuzubereiten sind.
Apropos rasch: Franzosen wie auch Italiener sind wahre Meister darin, in Windeseile köstliche Kuchen und Tartes ohne Schnickschnack, ohne ausgefallene Zutaten und ohne großes Equipment zu zaubern – eine Schüssel, ein Topf, ein Rührlöffel, eine Backform und der Backofen reichen. Für mich ist das ein Vorbild. Die „hohe Kunst“ des Backens, die zu Hause ohnedies zum Scheitern verurteilt ist, überlassen Franzosen gerne den pâtissiers, die es, umgekehrt, durchaus schick finden, à la ménagère, also nach Hausfrauenart, zu backen.
Bei Sonntagsbesuchen, zu welcher Tageszeit auch immer, sind süße Mitbringsel sehr gefragt. Im Glas, schön in Cellophan oder eine kleine Schachtel verpackt. Die Mühe lohnt sich. Probieren Sie es aus, ich habe mehrere Rezepte für Mitbringsel zusammengestellt, die sich gut verschenken lassen.
Am Sonntagabend kommt, im Übergang zum Montag, die Zeit, in der man vielleicht die letzten Kapitel eines Romans liest, in Magazinen schmökert, Lieblingsmusik hört, sonntäglichen Familienstreit geradebiegt, einen Film oder die Kult-Krimiserie auf der Fernsehcouch genießt.
Zu alledem lässt sich vorzüglich Süßes knabbern. Gegen den Sonntagabend-Blues hilft ein gehöriger Schokolade- oder Zuckerschub, ein Betthupferl bringt süße Träume.
Sonntägliche Gewohnheiten aufzugreifen und in Rezepten rund um den Tag einzufangen, ist der Grundgedanke dieses Buches. Der Griff in die klassische Kiste ist ebenso ein Teil wie moderne Interpretationen altbekannter Süßigkeiten. Es gibt Leichtes und Gehaltvolleres, mehr oder weniger Süßes, das Meiste unkompliziert, mit kleinem oder gelegentlich etwas größerem Zeitaufwand, der sich in diesen Fällen lohnt. Getreu dem Motto von Julia Child „If you’re afraid of butter use cream.“, finden Sie mit einer begründeten Ausnahme im Buch keine Buttercreme. Nicht weil ich deren Zubereitung scheue, sondern weil ich sie nicht mag. Mir schmecken weniger süße Frischkäsemischungen mit süßer oder saurer Sahne einfach besser.
Mit den Rezepten sollten auch weniger Erfahrene gut zurechtkommen. Da ich selbst kein Back-Profi bin, weiß ich aus eigener Praxis, wo es genauerer Erklärungen bedarf. Sowohl in den Rezepten als auch im Anhang finden Sie eine Reihe von Tipps, die Ihnen die Arbeit in der Backstube erleichtern sollen.
Damit Sie den Sonntag wirklich genießen können, enthält das Buch fast nur Rezepte, die schon vorab vorbereitet oder fertig zubereitet werden können, einige Zeit frisch bleiben bzw. sich zum Einfrieren für eine spätere Verwendung eignen.
Nicht nur die Rezepte, auch die Fotos in diesem Buch wollen Ihnen den Mund wässrig machen. In bewährter Manier habe ich mit der Fotografin Inge Prader und der Grafikerin und Set-Designerin Clara Monti zusammengearbeitet, die für die Gesamtgestaltung des Buches zeichnet. Clara hat wahre Bühnenbilder geschaffen, die kleine Sonntagsgeschichten erzählen, Inge hat mit dem professionellen Klick im richtigen Moment wunderbare Fotos geschaffen.
Genießen Sie Ihre Sonntage!
Ilse König
ZUTATEN 40 g weiche Butter
30 g weiche gesalzene Butter
70 g Rohzucker
1 Pkg. Vanillezucker
2 Prisen Fleur de Sel
1 Ei (S)
150 g Mehl
Mehl zum Arbeiten
ZUBEREITUNG 20 MIN.
KÜHLEN 30 MIN.
BACKEN 14 MIN.
ZUTATEN FÜR CA. 25 STÜCK
• FRISCH • AUFBEWAHREN
Butter mit Zucker, Vanillezucker und Salz flaumig rühren. Ei und zuletzt das Mehl unterrühren. Rasch zu einem glatten Teig kneten. In Frischhaltefolie gewickelt für ca. 30 Min. kühl stellen.
Ofen auf 160 °C vorheizen. Blech mit Backpapier auslegen.
Teig ca. 3 mm dick ausrollen. Mit einer ca. 6 x 4 cm großen Form Rechtecke ausstechen, mit einem Zahnstocher mehrfach einstechen.
Im Ofen (Mitte) 12–14 Min. backen, bis die Sablés an den Rändern zu bräunen beginnen.
Zur Abwechslung verfeinere ich die Sablés gern mit etwas abgeriebener Orangenschale.
ZUTATEN 120 g Butter
60 g Honig
30 g Ahornsirup
1 Prise Salz
100 g Rohzucker
230 g zarte Haferflocken
1 TL Piment, gemahlen
70 g geröstete, geschälte Haselnüsse
je 50 g Sultaninen u. Korinthen
je 60 g Mandeln, Kürbis- u.
Sonnenblumenkerne
Erdnussöl für die Form und
zum Arbeiten
ZUBEREITUNG 30 MIN.
BACKEN 30 MIN.
ZUTATEN FÜR
1 FORM 20 X 20 CM
• FRISCH • AUFBEWAHREN
Ofen auf 170 °C vorheizen. Form einölen, mit Backpapier auslegen, Backpapier mit Öl bepinseln.
Butter mit Honig, Ahornsirup, Salz und Zucker bei kleiner Hitze schmelzen, bis sich der Zucker aufgelöst hat, dann ca. 2 Min. unter Rühren zu dickem Sirup kochen. Zur Seite stellen.
Alle anderen Zutaten mischen, Sirup darüber gießen; mit einem Holzlöffel gut untermischen. Masse in die Form gießen und fest andrücken (am besten mit einem geölten Holzlöffel oder, wenn sie nicht mehr so heiß ist, mit den Händen).
Im Ofen (Mitte) ca. 15 Min. backen, bis die Ränder zu bräunen beginnen. Kurz aus dem Ofen nehmen und nochmals fest andrücken. Weitere 10–15 Min. goldbraun backen.