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INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Meine Geschichte – eine Familiengeschichte

Freuden nach Omas Art

Vom Finden und Neuerfinden

Der Weg als Erfolg

Das Beste für unsere Gäste und für unser Haus

Zwei Generationen – eine Leidenschaft

13 Tipps für herzliche Einladung

Gerichte, die mich Jahrzehnte begleiten

Wenn es schnell gehen soll

So verwöhne ich meine Enkel

Meine Jahreszeiten Menüs

Essen im Kreis der Familie und Freunde

Österreichs Stolz: Die Mehlspeisen

Blick über den Tellerrand

Meine Grundrezepte

Register

Küchendeutsch

Das Landhaus Bacher

Dank

Team

Impressum

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„Ich bin keine Köchin,
sondern Gastgeberin für eine große Familie.“

Liebe Leserin, lieber Leser,

an unserem Stammtisch im Landhaus Bacher und am ausziehbaren Esstisch in meinem Wohnzimmer hat jeder seinen fixen Platz. Links sitzt die Familie meiner Tochter Christina, rechts die meiner Tochter Susanne und mein Mann Klaus und ich sitzen uns gegenüber. Was hier und dort auf den Tisch kommt, könnte nicht unterschiedlicher sein, der Anspruch an mich selbst war und ist aber immer derselbe: Ich bin keine Köchin, sondern Gastgeberin für eine große Familie. Ich verwöhne einfach gerne – ob unsere langjährigen Stammgäste, erstmalige Besucher, liebe Freunde oder meine Flöhe, wie ich meine Enkel nenne – und darauf liegt auch das Hauptaugenmerk meiner Küche.

Wenn ich von „meiner österreichischen Küche“ spreche, habe ich dabei nicht die heutigen Ländergrenzen im Kopf, sondern das große Kaiserreich, das sich bis Triest erstreckt hat. Fische und Meeresfrüchte wie Vongole oder Gambas, Olivenöl und Rosmarin sind Zutaten, die ich nicht missen möchte. Ich bin der Meinung, dass wir heute den Regionalismus leben und uns zugleich an einem Langustino oder Steinbutt erfreuen können. Über den Tellerrand zu schauen, lohnt sich allemal. So wie ich den mediterranen Einfluss als leichtes Gegenstück zum Geschmorten schätze, ist für mich auch die Böhmische Küche, die in Österreich die Mehlspeisen geprägt hat, nicht wegzudenken. Das Wichtigste beim Kochen sind die Freude an Qualität und die Bereitschaft, etwas auszuprobieren.

Als Autodidaktin haben mich Kochbücher seit dem Anfang meiner Karriere als Ideengeber begleitet. Jahrelang bin ich mit ihnen ins Bett gegangen und aufgestanden, habe beim Friseur darin geblättert und mir Notizen gemacht. Vor allem Katharina Prato, Julius Eckel, Olga Hess und Franz Ruhm nehme ich bis heute gerne zur Hand und finde nach wie vor Inspiration darin.

In diesem Buch möchte ich mit Ihnen die Rezepte teilen, die mich seit Jahrzehnten begleiten, und die Freude, die das gemeinsame Essen im Kreis von Freunden und Familie macht. Ich möchte zeigen, dass gutes Essen nicht viel Küchen-Ausrüstung braucht und auch einmal schnell gehen kann, wie sich damit wunderbare Rituale zelebrieren lassen und dass ein Gericht oft der einzige Anlass ist, den es zum Feiern braucht.

Die Tipps, die Sie zu und zwischen den Rezepten finden, sind dieselben, die ich meinen Töchtern und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unserer Kochkurse gebe. Eine Sache kann aber auch das beste Rezept nicht ersetzen: Gespür. Wandeln Sie deshalb die Rezepte auf Ihre eigenen Geräte um, probieren Sie ein Gericht ein zweites Mal aus, servieren Sie einmal eine Beilage als vegetarische Hauptspeise und entscheiden Sie selbst, ob Sie etwas noch zwei Minuten länger rühren oder früher aus dem Ofen holen.

Ich freue mich, wenn einige Ideen und Rezepte aus diesem Buch einen Fixplatz in Ihrem Alltag, bei Ihren Feierlichkeiten, vor allem aber am Tisch mit Ihren Lieben einnehmen. Bevor Sie sich die Schürze umbinden, möchte ich Ihnen noch drei Devisen mit auf den Weg geben, die für mich ganz wichtig waren und mir das Leben leichter gemacht haben:

1. Beim Kochen darf einem kein Handgriff zu viel sein.

Wenn man überlegt, welche Schritte man sich bei einem Gericht sparen kann, dann wird es nicht mehr so, wie es sein soll.

2. Es gibt keine Wunder in der Küche.

Wo man nix reingibt, kommt nix raus. Das einfache Geheimnis hinter großartigem Geschmack ist der großzügige Einsatz von guten Produkten.

3. Es kommt auf die Kleinigkeiten an.

Das rechtzeitige Herausnehmen aus dem Kühlschrank oder das Mischen von Zutaten in einer bestimmten Reihenfolge, genau diese Details machen oft den Unterschied.

Ich wünsche Ihnen viel Freude mit meiner österreichischen Küche!

Ihre

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Meine Familie, Fronleichnam 1980

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Festmenü im Kloster UND in der Wachau: v. l. n. r.: Reinhard Gerer, Jörg Wörther, Helmut Alt (1985)

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Nachdem wir das Landhaus von meinen Eltern 1979 übernommen hatten, haben wir es 1980/81 renoviert. Ein wichtiges Element der neuen Ausstattung war der runde Tisch.

MEINE GESCHICHTE – EINE FAMILIENGESCHICHTE

Als Kind habe ich immer bei meinem Vati gekostet. Was er auch auf seinem Teller gehabt hat, ich musste es probieren. Vielleicht kann ich mich deshalb bis heute so gut an den Geschmack vieler Speisen, die er für sein Leben gern gegessen hat, erinnern.

Damals hatten meine Eltern eine ortsbekannte Backhendlstation und haben das Landhaus nur im Frühjahr und Sommer betrieben. Meine Mutti war eine tolle, starke Frau. Nachdem mein Vati mit einem erlahmten Sehnerv aus dem Krieg zurückgekommen ist und seinen Beruf als gelernter Koch, Kellner und Fleischhauer nicht mehr ausüben konnte, musste sie in der Küche umso kräftiger anpacken, während er sich, so gut es ging, ums Service gekümmert hat. Heute noch werde ich darauf angesprochen, dass er viele Menschen an der Stimme erkannt hat. Obwohl sie rundherum eingespannt waren, haben sich unsere Eltern immer bewusst Zeit für meine zwei älteren Schwestern und mich genommen. Kaum war im Aufbau vom Betrieb ein bisschen Geld übrig, wurde der Ruhetag für die Familie genutzt. Sobald sie es sich leisten konnten, wurde über Weihnachten zugesperrt, und seit ich ein zweijähriger Knirps war, haben wir jeden Sommer in Italien verbracht. Eine Tradition, an die ich mit meiner Familie und meinen Enkeln angeknüpft habe – es ist für mich nach wie vor der schönste Urlaub im ganzen Jahr.

„Die Kraft aus einer Familie zu schöpfen, ist etwas ganz Besonderes.“

„Für mich waren Beruf und Familie mein Leben. Beides hat einfach zusammengehört.“

Wenn ich gefragt werde, wie es mir gelungen ist, meine Karriere mit der Familie zu vereinbaren, muss ich schmunzeln. Für mich war das Leben immer eines. Dass ich direkt über meinem Arbeitsplatz gewohnt habe, war nur von Vorteil – ich konnte zwischendurch einfach schnell aus der Küche hinauf zu den Kindern laufen. So wie ich früher, haben auch meine beiden Töchter immer gewusst, wo ihre Mutti ist. Dazu habe ich das Glück gehabt, dass meine Schwiegermutter oder meine Mutti da waren, um die Kinder ins Bett zu bringen.

Die Kraft aus einer Familie zu schöpfen, ist etwas ganz Besonderes. Und es ist schön, wenn man ihr etwas zurückgeben kann. Dazu gehört für mich, dass meine Enkel bei mir übernachten, wir uns alle Jahre wieder am Nikolausabend um den Fonduetopf versammeln oder bei uns zuhause verkleidet „Familienfasching“ feiern. Wie wichtig solche Rituale sind, hab ich von meinem Vati gelernt.

Die Gewohnheit mit dem Kosten liegt übrigens in der Familie. Unsere Tochter Susanne fragt meinen Klaus immer, ob sie einen Bissen probieren kann, und ihre Tochter macht es mit ihr heute genauso.

FREUDEN NACH OMAS ART

Es kommt im Leben viel auf die eigene Einstellung und Sichtweise an, habe ich die Erfahrung gemacht. Das halbvolle Glas mag eine viel bemühte Metapher sein, aber wenn man sich positiv einstimmt, lässt es sich nun einmal so viel schöner leben. Auch in unseren erfolgreichen Jahren hat es Höhen und Tiefen gegeben, wir haben Schulden übernommen und neue gemacht. In ruhigen Phasen wussten wir nicht, ob die Gäste kommen oder nicht, aber wir sind unseren Weg gegangen. Als mir mit Vierzig starke Kreuzschmerzen zu schaffen gemacht haben, war das der Anstoß für meine erste von mehreren Ayurveda-Kuren, die mir beim Runterkommen geholfen und sehr gut getan haben. Negative Presse gab es nur ganz wenig, wofür ich sehr dankbar bin.

„Ich zeige meinen Enkeln gerne, wie schön die Welt ist – am liebsten mit natürlichen, einfachen Dingen.“

Ich habe das Glück, dass ich schöne Dinge bewusst genießen und mir daraus Kraft holen kann – das mag ein klassisches Konzert, eine Massage oder eine Kutschenfahrt sein oder einfach der wilde Wein, der sich bei mir an der Hausmauer verfärbt. Dass ich diese kleinen Freuden heute mit meinen Enkelkindern teilen kann, ist für mich etwas ganz Besonderes. Ich habe mir immer vier Kinder gewünscht und sogar mit einem Nachzügler geliebäugelt, wollte aber die gemeinsame Zeit mit meinen Töchtern nützen, ohne dass sie mich noch einmal teilen müssen. Mit meinen fünf Enkeln, Amelie, Constantin, Sophia, Florentine und Alica, hat sich mein Wunsch von der Kinderschar um meinen Tisch nun doch erfüllt. Ich zeige meinen Enkeln gerne, wie schön die Welt ist – am liebsten mit natürlichen, einfachen Dingen. Unseren Familienausflug machen wir zum Beispiel alle zusammen mit einem gemieteten Autobus, statt mit drei einzelnen Autos, das ist schon etwas Besonderes.

Wenn ich nicht gerade im Betrieb zu tun habe oder mit der Herstellung unserer Spezialitäten zum Mitnehmen beschäftigt bin, mache ich es mir mit meinen Flöhen im Haus gemütlich. Dort wird dann Kaufmannsladen oder Hotel gespielt und der nächste Ruhetag mit einem Backwettbewerb verplant. Und ab und zu heißt es auch „Oma, hast du wieder was zum Schneiden?“

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Gut gehüteter Familienschatz; die handgeschriebenen Rezepte meiner Tante Mizzi

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Meine Mutti war bekannt für ihre Wildgerichte. Das Foto aus den 1970er Jahren zeigt auch, dass damals rot-weiß-rote Fahnen den Gästen signalisierten, dass das Haus offen war.

VOM FINDEN UND NEUERFINDEN

Klaus und ich haben das Glück gehabt, dass wir uns nichts vorgenommen haben. Heute fängt ein Junger an und sagt „Ich will Sternekoch werden“. Wir wollten einfach das Beste aus unserer Basis machen. Schon als wir uns kennengelernt haben und Klaus noch Hochbauingenieur war, hat er oft von mir gehört: „Wenn du mich heiratest, heiratest du einen Betrieb mit“. Was daraus einmal werden würde, hab auch ich anfangs nicht gewusst, nur, dass meine Eltern nicht eines Tages daran vorbeigehen sollen ohne hineinzukönnen, weil er verpachtet ist. Wir beide haben uns Kinder gewünscht und so kamen neun Monate nach unserem Hochzeitstermin 1977 Christina und im Jahr darauf Susanne auf die Welt. 1979 haben wir dann das Landhaus von meinen Eltern übernommen.

„Ich wollte immer Meines machen oder traditionelle Rezepte ganz klassisch kochen.“

Klaus, der selbst aus einer Familie kommt, in der sehr gut gekocht wurde, hat sich intensiv mit Wein beschäftigt, ist vom Biertrinker zum Weinprofi geworden und hat relativ bald das Service übernommen. Dass ich meinen Platz einmal in der Küche finden und die Rüschen-Schürze meine treueste Begleiterin werden würde, dürfte für meine Eltern alles andere als selbstverständlich gewesen sein. Zwar habe ich damals mit unserem Betrieb im Hinterkopf die Hotelfachschule besucht, danach war ich aber immer beim Vati im Service und hab nicht viel gekocht. Als ich mit unserer Christina im Bauch in die Küche gewechselt bin, musste ich anfangs einmal meine Mutti anrufen, damit sie mir sagt, wie man eine Karfiol-Suppe macht.

„Wahrscheinlich habe ich das richtige Gespür dafür gehabt, Zutaten und Gewürze so zu mischen, dass sie passen, ein bisschen wie ein Maler.“

Um die Stammgäste nicht zu vergraulen, durften wir nach der Übernahme ohnehin nicht groß auf uns aufmerksam machen. Statt die ganze Karte umzukrempeln, haben wir mit einer „Feinschmecker-Ecke“ angefangen. Am alten Elektroherd meiner Mutti mit vier eckigen neben vier Schnellkochplatten und einer riesigen Bain Marie habe ich versucht andere Gerichte als sie früher zu kochen, um zu testen wie sie bei den Gästen ankommen.

Wir haben Speisen nach Art neuer Wiener Küche zubereitet und waren stolz, dass man bei uns Jakobsmuscheln und Krebserl im Sud bekommen hat. Je mehr davon angenommen wurde, umso mehr haben wir die ganze Karte dementsprechend gestaltet. Damals habe ich gelernt mit Lachs und Langostinos umzugehen, Werner Matt über die Schulter geblickt und Reinhard Gerer beim Terrinenmachen zugeschaut, um ein Gespür dafür zu bekommen. Ich habe ein Luxus-Seminar in Bayern besucht, bei dem jeden Tag ein anderer Koch gekocht hat, und hatte ständig ein Kochbuch in der Hand. Da wusste ich noch nicht, welche Dimensionen meine Kochbuchsammlung dank Lillian Langseth-Christensen noch annehmen sollte. Die Gourmet-Journalistin und Kochbuchautorin war in jungen Jahre nach Amerika ausgewandert und ist im Alter wieder zurück nach Österreich gekommen. Nach Frau Langseth-Christensen und ihren Artikeln im „Gourmet“-Magazin ist man gereist. Sie war ein paar Mal bei mir essen und kaum hatte sie über mich geschrieben, sind auch schon die ersten Gäste aus den USA bei mir gesessen. Nach ihrem Tod hat mir Lillian ihre Bücher vermacht und das waren eine ganze Menge.

„Wir wollten einfach das Beste aus unserer Basis machen.“

Um der Sammlung einen würdigen Rahmen zu geben, haben wir den Salon zu einer Bibliothek umgebaut, so dass unsere Gäste heute in Gesellschaft dieser wertvollen Werke der Kochbuchliteratur essen. Meine Inspirationsquellen waren der Markt, die Kochbuchliteratur oder auch ein wunderbares Abendessen bei Eckart Witzigmann, der ein guter Freund des Hauses geworden ist. Eine Weile bin ich regelmäßig auf den Großgrünmarkt gefahren, um zu schauen, was es gerade gibt – ein Genuss, der schon vor dem Kochen anfängt. Es war eine aufregende schöne Zeit, weil alles anders war und neu. Etwas abzukupfern hat meine Eitelkeit nie zugelassen. Ich wollte immer Meines machen oder Gerichte ganz klassisch kochen – es gibt Dinge, die werden nicht besser, wenn man sie neu erfindet.

Mitgespielt hat sicher auch, dass ich ähnlich wie ein Maler bei Farben ein Gefühl dafür gehabt hab, was geschmacklich gut zusammenpassen kann. Viele haben zu mir gesagt, ich hätte gerade deshalb meine eigene Küche entwickelt, weil ich bei keinem anderen in der Lehre war – gut möglich, dass sie damit recht haben.

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Wir stehen in der Zeitung!

Die Aufregung war groß: Als der Gault Millau 1981 erstmals über das Landhaus schrieb, gab es einen Vorabbericht im Kurier. Wir hatten gerade geschlossen und haben uns extra die Abendausgabe besorgt. Als wir es dann schwarz auf weiß hatten, haben mein Mann und ich uns eine Flasche Wein zum Anstoßen geholt und überlegt, was diese Auszeichnung für uns bedeutet. Da habe ich zu ihm gesagt: „Wir bleiben so, wie wir sind.“

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DER WEG ALS ERFOLG

Dass wir so schnell Erfolg gehabt haben, liegt vor allen Dingen daran, dass ich mit Klaus den richtigen Partner gefunden habe. Er war nicht nur der Strengere mit meinen Mitarbeitern, sondern auch immer mein strengster Gast und Tester von allem, was ich gekocht habe. Nachdem wir die Anmeldung für den ersten Guide Gault Millau weggeschmissen hatten, weil wir sie für ein Anzeigenangebot hielten, haben wir im zweiten Jahr gleich 12 von damals noch 15 Punkten bekommen. Und wie groß war erst die Freude über die 13 Punkte und die erste Haube im darauffolgenden Jahr!

Kaum haben wir Erfolg gehabt, wurde wieder investiert – in Silberbesteck, eine neue Karte, andere Speisen. Und dann haben auch die nächste Auszeichnung und Haube nicht lange auf sich warten lassen. Herr Millau hat bei uns höchstpersönlich über seine Brille geschaut und als ich 1983 „Koch des Jahres“ geworden bin, selbst den Text dazu verfasst. Die Bewertungen der Restaurantführer waren für mich immer ein bisschen wie Zeugnisverteilung. Seit vielen Jahren lese ich die Beschreibung über uns und lege den Gastroführer danach weg – ob jemand anders besser oder schlechter weggekommen ist als wir, hat mich nie beschäftigt. Auszeichnungen und Ehrungen sind Teil der Anerkennung der eigenen Leistung. Man ist stolz darauf und jede einzelne ist wieder schön.

„Jede Auszeichnung ist eine Anerkennung, auf die man stolz ist.“

Als ich 1996 als erste Frau zum Gourmet-Festival in St. Moritz eingeladen worden bin, musste ich freilich nicht lange überlegen – außer, was meinen Beitrag für die 360 anspruchsvollen Gäste anging. Obwohl ich nie eine große Süßspeisenköchin war, hab ich mich für eine Mehlspeise entschieden, weil das in Österreich einfach dazugehört. Auf meine Variante des Milchrahmstrudels, wusste ich, kann ich mich hundertprozentig verlassen. Ganz anders als aufs Wetter, wie sich bei der Besprechung der Menüfolge zwei Tage vor dem großen Dinner herausstellen sollte. Bei minus 20 Grad im unbeheizten Zelt am zugefrorenen See konnten wir den Teller umdrehen, ohne dass unsere Mehlspeise runtergefallen wäre – sie war schockgefrostet. Umso bewegender war es für mich, als wir am finalen Abend für meinen Strudel Standing Ovations bekommen haben. Dass auch die großen Köche aus Frankreich wie Paul Bocuse und Roger Vergé aufgestanden sind und mir gratuliert haben, war sehr ergreifend.

DAS BESTE FÜR UNSERE GÄSTE UND FÜR UNSER HAUS

Als mein Vati Anfang der Achtzigerjahre einmal wissen wollte, wie viel unsere Gänseleber gekostet hat, habe ich ihn angeschwindelt und gesagt, ich wüsste es nicht. Natürlich hab ich’s genau gewusst: 900 Schilling das Kilo. Die Woche darauf hat er sich zu unserem Lieferanten an den Stammtisch gesetzt und bei ihm den Preis erfragt. „Für dich ist nur das Teuerste gut genug. So ruinierst du noch unseren Betrieb!“, hieß es dann nach einer schlaflosen Nacht. Dabei war er immer stolz auf mich und es hat ihm bei mir auch stets geschmeckt. Die Gänseleber ist übrigens seit dreißig Jahren nach wie vor unsere meistbestellte Vorspeise.

„Verwöhnen, nicht erziehen.“

Sobald ich über die Qualität nachdenken musste und auch nur den geringsten Zweifel an einem Gericht hatte, habe ich es nicht mehr serviert. Mir war immer sehr wichtig, dass ich zu 100 % hinter meiner Küche stehe und meine Gäste verwöhnen kann – wahrscheinlich eine Konsequenz daraus, dass ich 1953 geboren bin und anders als meine Eltern einkaufen konnte. Wenn ganz am Anfang einmal etwas eine Spur zu durch oder auf einer Seite zu dunkel war und dann reklamiert worden ist, hätte ich mich selber ohrfeigen können.

Umso mehr habe ich mich stets bemüht, unseren Mitarbeitern im Service und in der Küche zu vermitteln, dass eine berechtigte Reklamation ein wichtiger Hinweis ist, über den man ehrlich reden kann. Es geht nicht darum, wer schuld ist, wir alle müssen unsere Sache gut machen und Küche und Service müssen eine Einheit sein. Wenn man ein arrogantes, belehrendes Service hat, kann die Küche noch so gut kochen. Umgekehrt nützt einem bei einer schlechten Küche das beste Service nichts.

„Mir war immer sehr wichtig, dass ich zu 100 % hinter meiner Küche stehe und meine Gäste verwöhnen kann.“

Es gibt für mich keine schönere Atmosphäre als angenehme, fröhliche Menschen und genau mit solchen wollten wir unser Haus füllen. Einige begleiten uns inzwischen schon Jahrzehnte. Johanna hat bei uns vor 36 Jahren Koch und Kellner gelernt und sich damals gar nicht vorstellen können, einmal zu Gästen zu gehen, weil sie viel zu schüchtern war. Klaus hat aber gleich ihre Talente entdeckt und heute kennt sie jeder als „die Johanna vom Landhaus Bacher“. Sie und unser Sommelier Andreas sind schon so lange Teil der Familie, dass sie unsere Kinder damals noch vom Kindergarten abgeholt haben.